Vernünftig wirtschaften – Zukunftsaufgaben anpacken!

Grüne Haushaltsrede im Stadtparlament 2023

25.11.22 –

Haushaltsrede gehalten von Barbara Blaschek-Bernhardt, am 24.11.2022

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
worüber reden wir eigentlich bei diesen Haushaltsberatungen? Ist es tatsächlich der Etat des Bürgermeisters, der nach seinem Greensill Abenteuer nun deutlich schmaler ausfällt wie Frau Ludwig von der SPD meinte? Nein, meine Damen und Herren, es ist die Schwalbacher Stadtkasse, das Geld der Schwalbacherinnen und Schwalbacherinnen, über das wir hier reden und zu dem wir die traurige Feststellung machen müssen, dass umgerechnet auf jeden Einwohner nun rund 1.200,- Euro, bei einer vierköpfigen Familie also 4.800,- jetzt fehlen, weil der Bürgermeister sich auf riskantere Geldanlagen bei einer ungesicherten Bank eingelassen hat. Ohne den zwingend notwendigen Parlamentsbeschluss, eigenmächtig also, und wir warten bis heute darauf, dass wir aus seinem Munde mehr dazu hören, als ein dünnes: „Tut mir leid“. 

Damit kann es jedenfalls nicht getan sein; der Schwalbacher Haushalt ist dadurch auf Jahre hinaus belastet, ein personeller Neuanfang wäre dringend notwendig, aber der Schwalbacher Mehrheitskoalition mitsamt ihrem Bürgermeister fällt nun nichts Besseres ein, als für sich selbst, also die Koalition, erst einmal eine teure zusätzliche Stadtratsstelle zu schaffen mitsamt Personal.

Das macht noch einmal rund 200.000,- Euro zusätzlich, ohne dass auch nur einem Schwalbacher damit gedient wäre.

Und er ist gänzlich überflüssig, wie wir bei der Diskussion um die neue Anlagerichtlinie noch einmal vor Augen geführt bekommen haben. Die Verantwortung für Geldanlagen, dafür dass unsere Millionen sicher sind, sollen künftig die mehrheitlich ehrenamtlichen Mitglieder des Magistrats tragen und eben nicht der teure erste Stadtrat.

Unser erster Gedanke bei den Haushaltsberatungen muss doch immer sein: Lohnt es sich, für eine bestimmte Sache Geld auszugeben? Ist es gerecht? Wir dürfen kein Geld verplempern. Geld verplempern – das ist die völlig überflüssige Stadtratsstelle, das ist aber auch die völlig unsinnige Prozesshanselei, die wir in den vergangenen Jahren beobachten mussten, die hier schon eine ungute Tradition hat die uns immer wieder nur Geld kostet und die obendrein auch noch besonders unsozial ist.

Ein Beispiel: Den Prozess um die Heimatumlage, ein Teil des kommunalen Finanzausgleichs haben wir gerade erst – und ich muss sagen: Wieder einmal (!)– verloren. Worum ging es da? Der kommunale Finanzausgleich und die Heimatumlage sind ein in Gesetzesform gegossenes Stück sozialer Gerechtigkeit, gegen das die Stadt Schwalbach gerichtlich vorgehen wollte. Ein kleiner Teil der Mehreinnahmen aus dem Wegfall der Gewerbesteuerumlage sollte besonders notleidenden Gemeinden zu Gute kommen, dagegen haben einige nicht so notleidende Gemeinden, auch Schwalbach geklagt – ohne Erfolg.

Es ging darum, ob ein kleiner Teil unserer Mehreinnahmen  für besonders notleidende hessische Kommunen zur Verfügung gestellt werden darf. Damit sich die Lebensverhältnisse hier in dem prosperierenden Rhein-Main-Gebiet nicht immer weiter entfernen von denjenigen im ländlichen Raum, im Knüll zum Beispiel oder im Odenwald. Und damit der Zuzug ins Rhein-Main-Gebiet nicht noch zusätzlich verstärkt wird, der Wohnraum hier noch knapper wird.

Zuletzt hat man gleich eine ganze Armada von Anwälten auf Kosten der Schwalbacher Steuerzahler in Marsch gesetzt, um die verlorenen Greensill Millionen wieder heimzuholen. Obwohl doch klar ist, dass der Fehler eher im eigenen Haus liegt, dass man wegen ein paar zehntel Prozent Zinsgewinn hohe Millionenbeträge aufs Spiel gesetzt hat.

Schon geradezu legendär ist die langjährige Prozessiererei um die korrekte Ausführung der Dacheindeckung auf den Schwalbacher Schwimmbadgebäuden. Da sind wir nach einem Vergleich gerade noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen. Aber der Schaden bleibt. Wir haben die Naturbaddächer wegen eines völlig absurden Rechtsstreits über sieben Jahre lang nicht mit einer PV Anlage ausrüsten können, zahlen deshalb jeden Sommer völlig unnötig erhebliche Stromkosten, weil die für den Badebetrieb notwendigen Pumpen nun mal jede Menge Strom brauchen.   

Und das Trauerspiel setzt sich weiter fort: Nach Mitteilung unserer Rathausspitze wurde die Installation einer PV Anlage auf den Schwimmbadgebäuden weiter verschoben, weil man das Maximum an öffentlicher Förderung herausholen wolle. Deshalb plane man, einen Teil der Dachflächen zur Wärmeerzeugung zu nutzen anstatt zur Stromerzeugung. Solarthermie anstelle von Photovoltaik.

Wer die Diskussion um die Energiewende, speziell um die Herausforderungen, vor denen Schwalbach steht, verfolgt hat, ist fassungslos. Der wirtschaftliche Betrieb der Blockheizkraftwerke im Schwalbacher Heizkraftwerk hängt auch davon ab, dass man im Sommer Wärme verkaufen kann und in absehbarer Zeit kommt durch die Rechenzentren am Kronberger Hang noch ein großes Abwärmepotential hinzu, das wirtschaftlich integriert werden muss. Wer also nur einen Moment über den Tellerrand hinausschaut, wer eine künftige effiziente und umweltverträgliche Energieversorgung im Blick behalten will, kann nicht auf die Idee kommen, im Bereich des Fernwärmenetzes konkurrierende Wärmepotentiale aufbauen zu wollen.

Und wer einen möglichen Zuschuss als ausreichenden Grund dafür sieht, der handelt so kurzsichtig wie es der Bürgermeister bei den Greensill Geldern getan hat. Am Ende zahlt es sich nicht aus. Wir haben durch die um viele Jahre hinausgezögerte Installation der PV Anlagen im Schwimmbad viel Geld verloren, wir haben durch die ohne jede Begründung nun schon um drei Jahre hinausgezögerte Einrichtung einer PV Anlage auf dem Dach des Rat- und Bürgerhauses Geld verloren.

Noch ein weiteres Beispiel dafür, dass hier immer wieder an der falschen Stelle gespart werden soll, dass man geradezu absurde Finanzierungsvorschläge macht: Das ist die völlig verquere Ankündigung von CDU und SPD, eine Art „Sondersteuer“ auf CarSharing Plätze erheben zu wollen.

Dabei liegt es doch im Interesse der Stadt, durch CarSharing sogar recht kurzfristig knappen und immer teuren öffentlichen Parkraum einzusparen. Dass die Koalition hier stattdessen vor allem eine Finanzierungsquelle sieht, zeigt vor allem, wie weit man sich schon von der Wirklichkeit entfernt hat. Auf die Idee ist bisher – soweit mir bekannt - noch keine einzige andere Kommune gekommen.  

Noch ein Beispiel für völlig falsche Prioritätensetzung: Da gibt die Koalition eine Menge Geld aus, um am falschen Ort Wohnungen zu bauen, die einerseits Sozialwohnungen sein sollen, andererseits aber wegen der schwierigen örtlichen Verhältnisse besonders teuer sein werden. Ich meine die städtischen Bauvorhaben am Erlenborn und für das Parkdeck in der Sauererlenstraße. Am Erlenborn soll ein schwierig zu bebauendes Eckgrundstück, das vernünftigerweise für die räumlich beengte Geschwister-Scholl-Schule vorgehalten werden sollte, jetzt normale Wohnbaufläche werden. In der Sauererlenstraße soll mit enormem Aufwand ein Parkhaus umgebaut werden. Beides extrem schwierig, beides extrem teuer; es bringt den Wohnungsbau nicht voran und es schafft auch nicht nennenswert preisgünstigen

Warum um alles in der Welt wird nicht endlich das Baugebiet am Flachsacker weiterentwickelt? Da tut sich seit Jahren nichts mehr, offenbar, weil das Bauamt vollauf beschäftigt ist mit den beiden exquisiten Bauvorhaben, die aber trotzdem nicht vorankommen.   

Und für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist der Erwerb von Belegungsrechten der richtige Weg. Darum muss man sich aktiv bemühen und nicht nur warten, dass etwas angeboten wird. Aber CDU und SPD haben die von uns vorgeschlagenen zusätzlichen Mittel für Belegungsrechte jetzt wieder erst einmal abgelehnt.

Es wird Zeit, dass endlich die richtigen Prioritäten gesetzt werden, dass seriös gewirtschaftet wird und dass die Zukunftsaufgaben angepackt werden.    

Die Wahrheit zeigt sich immer vor Ort sagt Herr Immisch. Es ist leider bezeichnend, dass Klimaschutz im täglichen Handeln der Stadtregierung – einige Beispiele habe ich genannt - überhaupt keine Rolle spielt. Und es verwundert deshalb auch niemanden, dass sich das auch in den Haushaltsansätzen ausdrückt. Es gibt also weiterhin keine Möglichkeit, städtische Dienstfahrzeuge außerhalb der Dienstzeiten anmieten zu können – das wäre ein bescheidener erster Ansatz zum CarSharing. Man soll sich auch keine Lastenfahrräder leihen können, dabei würde das den Verzicht aufs eigene Auto für den einen oder anderen schon erleichtern.

Nicht einmal die Radwegebeschilderung kommt voran – seit vielen Jahren treten wir da auf der Stelle.  

Und es fehlt immer noch ein ernsthafter Ansatz, die wirklich blamable Vorstellung der Stadt in Sachen umweltverträgliche Stromerzeugung zu ändern. Drei Jahre Verzögerung bei der PV Anlage auf dem Rathausdach – da zieht eben auch der Hinweis auf angeblich fehlendes Personal nicht mehr. Wir sind einverstanden damit, dass diese Aufgabe bei den Stadtwerken angesiedelt sein kann – da gibt es ja auch wenigstens nominell die Sparte „Energieversorgung“ Aber dann muss diese Sparte auch entsprechend ausgestattet sein, muss auch mal ein Planungsbüro beauftragen können.

Deshalb der unserer Situation angemessene keineswegs übertriebene Vorschlag, eine Position „Photovoltaikanlagen für die Energiewende in Schwalbach“ in Höhe von 500.000,- Euro in den Haushalt aufzunehmen. Zur Hälfte kreditfinanziert, wie andere Aufgaben der Stadtwerke auch. Sie können das auch, wenn Sie wollen, „Schwalbach Wumms“ nennen. Uns ist wichtig, dass wir an der Stelle endlich vorankommen. Es ist die Aufgabe unserer Generation, Klimaschutz endlich ernst zu nehmen, das heißt dann, auch selbst die Initiative zu ergreifen und nicht nur auf andere zu warten. Für die Kommunen heißt das dann, erst einmal ihre eigenen Möglichkeiten auszuschöpfen – wir haben eine ganze Menge ungenutzter Dächer und geeigneter Flächen.        

Und wir sollten ganz unkompliziert auf diejenigen zugehen, die selbst Geld in die Hand nehmen wollen, die selbst investieren wollen. Deshalb unser klares Bekenntnis dazu, dass es in solchen Fällen – wie in anderen Städten - einen kommunalen Zuschuss geben soll. Wir müssen uns dabei vor Augen halten, dass wir auf diese Weise mit vergleichsweise bescheidenem Einsatz von Haushaltsmitteln ein Vielfaches an kommunalem Engagement generieren können. Wer es sich einfach machen will, sagt, dafür sind wir nicht zuständig. Wir sagen: Es ist ein besonders effizienter Weg und wir kommen mit der notwendigen Transformation unserer Gesellschaft nur dann schnell voran, wenn wir die Bürger von vornherein einbeziehen, wenn wir fortschrittliches klimaneutrales Wirtschaften zu unserer gemeinsamen Sache machen. Städtische Zuschüsse sind hier gut angelegtes Geld.

Leider hat ja die Koalition auch bei den kleineren Anträgen, die, wie in diesem Falle, nur 10.000 Euro kosten würden, von vornherein ihr Veto eingelegt: Wir wollten, dass die Stadt Schwalbach, so wie andere Kommunen und auch der Main-Taunus-Kreis, Mitglied bei Solarinvest wird und damit unter anderem die Elekromobilität fördert. Die Stadt hätte nur zwei Car Charing Plätze für Elektroautos mit elektrischen Anschluss zur Verfügung stellen sollen, die Solarinvest hätte die Kosten für die Ladesäulen bzw. Wall Boxen getragen. Ein überschaubarer Aufwand also, aber unserer Koa fällt dazu nur ein: Schon wieder Solarenergie, wieder ein Antrag der Grünen, und lehnt ihn ab, zu unser aller Schaden. Es sind übrigens der Main-Taunus-Kreis selbst und sieben seiner Kommunen dabei, und stellen Sie sich vor, Herr Milkowitsch: auch Kriftel ist hier fortschrittlicher als Schwalbach.

Kommen wir zum Heizkraftwerk, das in den letzten vierzig Jahren den Schwalbachern viele Millionen Euro zu viel abgeknöpft hat. Die Grünen haben lange dafür gekämpft, dass die Stadt Eigentümerin des Heizkraftwerkgrundstücks wird. Der Punkt ist nun abgehakt, aber die Einflussmöglichkeiten sind leider noch zu gering, das sehen wir bei der nun schon seit vielen Jahren kritisierten Tarifstruktur, die Energiesparer auch noch mit höheren Mischpreisen belastet.

Aber es gibt den Anlass und die Möglichkeit, in der Sache ein entscheidendes Stück voranzukommen.

Am Kronberger Hang entstehen Rechenzentren, deren Abwärme schon in absehbarer Zeit den größten Teil des zurzeit im Heizkraftwerk verbrannten Erdgases ersetzen kann. Das erfordert Investitionen in Millionenhöhe, bietet aber auch die Chance, dass die Stadt sich mehrheitlich an dem Heizwerkbetrieb beteiligt in einem Gemeinschaftsunternehmen, neudeutsch: einem Joint Venture. Das geht nicht ohne finanziellen Einsatz, wird sich auch im städtischen Haushalt niederschlagen. Deshalb unser Vorschlag, 5 Millionen für ein Joint Venture bereitzustellen und damit ein wichtiges Signal zu geben: Die Stadt will sich hier engagieren, will mehr Verantwortung übernehmen. Das wäre an dieser Stelle das unverzichtbare Äquivalent dazu, dass die Schwalbacher Fernwärmekunden durch den Anschluss- und Benutzungszwang Zwangskunden sind. Sie können sich den Wärmelieferanten nicht aussuchen, viele fühlen sich verpflichtet, jeden Preis zu akzeptieren. Aber was soll man sagen – weil hier im Wesentlichen der Stillstand regiert, wurde der Haushaltsantrag zu einem Joint Venture beim Heizkraftwerk abgelehnt. Wir haken da weiter nach.

Keinen Aufschub duldet aber die Einrichtung eines Härtefallfonds für Fernwärmekunden, der Härtefälle abfedern soll und von vornherein auf die Einnahmen aus dem Fernheizwerkgrundstück begrenzt ist. Wir haben die für viele Kunden schwer erträgliche Situation, dass hohe Nachzahlungen mit utopisch hohen Vorauszahlungsforderungen zusammentreffen, in manchen Fällen sogar die Monatsmiete übersteigen.

Man wird noch sorgfältig prüfen müssen, ob die Forderungen berechtigt sind. Aber die Stadt muss doch auf jeden Fall jetzt schon signalisieren: Wir sind damit in der Verantwortung und wir lassen Euch nicht allein. 

Im vergangenen Jahr hat die Koalition auch im sozialen Bereich so manche Forderung der Stadt erhöht, so die Gebühren in den Schulkinderhäusern, bei der U3-Betreuung, aber auch die Eintrittspreise im Schwimmbad. Das ist dieses Jahr gottlob nicht noch einmal passiert, und wir sind nach wie vor dagegen. Wir haben sehr gute Angebote im Kinder- und Jugendbereich und daran sollten wir unbedingt festhalten. Es ist wichtig für unsere Bürgerinnen und Bürger, fördert die Integration und es ist natürlich auch ein Standortfaktor.

Was bleibt hauptsächlich in Erinnerung bei diesem Haushalt? Dass wir viel Geld ausgegeben haben und keinen Millimeter vorangekommen sind.

Wir halten fest an unnötigen Luxusinvestitionen und wir haben jetzt mehr hoch bezahltes Personal, das vorher niemand vermisst hat. Beim Klimaschutz sind wir bald das Schlusslicht im Main-Taunus-Kreis.

Solides und nachhaltiges Wirtschaften können wir da nicht erkennen. Dieser Politik werden wir jedenfalls nicht zustimmen    

 

Barbara Blaschek-Bernhardt