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09.06.12 –
Streit um das Heizwerkgrundstück
Sittenwidrige Vertragskonstellation muss endlich hinterfragt werden
Die Nassauische Heimstätte blockiert die Verhandlungen um den vom Stadtparlament gewünschten Erwerb des Heizwerkgrundstücks und der wegen überhöhter Fernwärmepreise seit langem in der Kritik stehende Heizwerkbetreiber RWE ED kündigt an, er wolle sein Vorkaufsrecht für das Grundstück geltend machen. Das wirft ein Schlaglicht auf die von vornherein sittenwidrige Vertragskonstellation um die Fernwärmeverträge zur Versorgung der Limesstadt, die endlich hinterfragt werden muss.
Im Mittelpunkt steht dabei der im Jahr 1972 auf dreißig Jahre vereinbarte Erbbauvertrag für die Heizwerkbetreiberin RWE, früher Favorit. An die Laufzeit dieses Vertrages sind der allgemeine Betriebsvertrag des Heizwerks, die Individualverträge der Fernwärmekunden und die auf den Grundstücken in der Limesstadt lastenden Grunddienstbarkeiten zur ausschließlichen Versorgung mit Fernwärme gebunden. Der Vertrag sieht ausdrücklich vor, dass er nur verlängert wird, wenn ein „wettbewerbsfähiger Fernwärmepreis“ nicht überschritten wird. Das Erbbaurecht ist im Jahr 2002 erloschen, weil es durch die Grundstückseigentümerin Nassauische Heimstätte und die Heizwerkbetreiberin nicht rechtzeitig verlängert wurde und dies völlig zu Recht, weil die Preise auch zu diesem Zeitpunkt deutlich überhöht waren.
Umso überraschender die im jüngsten Beschwerdeverfahren zur Löschung des Erbbaurechts vorgetragene Darstellung der Nassauischen Heimstätte, dass man im Jahr 2002 selbst aktiv eine Vertragsverlängerung angeboten habe, die aber lediglich wegen eines Versäumnisses der RWE nicht zustande gekommen sei. In den Folgejahren hatte die Nassauische Heimstätte - obwohl das Erbbaurecht erloschen war - weiterhin sehr hohe Erbbauzinsen kassiert und stillschweigend geduldet, dass den Fernwärmekunden drastisch überhöhte Preise in Rechnung gestellt werden.
Interessenlage und Verantwortlichkeit für den Bestand des Vertragswerks fallen auf absurde Weise auseinander und mit der Einräumung eines Vorkaufsrechts ausgerechnet für den Heizwerkbetreiber hat man erst recht den Bock zum Gärtner gemacht: Bei Ausübung des Vorkaufsrechts dürfte nämlich nicht die Stadt, sondern der Heizwerksbetreiber selbst über den „wettbewerbsfähigen Preis“ entscheiden, der allein eine Vertragsverlängerung rechtfertigen kann. In der Vergangenheit und bis heute wird immer wieder behauptet, dass es bei dieser Vertragsgestaltung nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann.
Es ist nicht überraschend, dass die RWE sich jetzt um Wiederherstellung der für sie paradiesischen Zustände bemüht, nachdem das Erbbaurecht und das Vorkaufsrecht erloschen sind und es ist notwendig, dass die Stadt die Dinge nicht einfach treiben lässt und abwartet, ob sich NH und RWE wieder einmal zu Lasten der Fernwärmekunden einigen werden. Das Mindeste wird sein: Die Stadt muss das Gerichtsverfahren aktiv begleiten, geltend machen, dass sie auch ohne Zustimmung der RWE Eigentümer des Heizwerkgrundstücks werden kann und dass die sittenwidrige Vertragskonstellation zu Lasten der Fernwärmekunden endlich ein Ende haben muss.
Barbara Blaschek-Bernhardt
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