Neue Anlagerichtlinie: Kämmerer übernimmt keine Verantwortung

01.11.22 –

In den letzten Jahren waren Regeln  die Regeln, nach denen städtische Gelder angelegt werden sollten, ganz einfach: Nur Banken mit Einlagensicherungs- und Institutsschutz, wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken sollten dafür in Frage kommen, weil der Einlagensicherungsschutz bei Privatbanken im Jahr 2017 weggefallen war. Daran hat man sich auch lange gehalten, erst Bürgermeister Immisch hat sich schon kurz nach seinem Amtsantritt darüber hinweggesetzt. Seine Festgeldanlagen bei der inzwischen insolventen Greensill Privatbank haben schließlich zu einem Vermögensschaden für die Stadtkasse von bis zu 19 Mio. Euro geführt.

Nun sollen diese Regeln formalisiert und die Anlagemöglichkeiten etwas vielfältiger werden. Das geht in die richtige Richtung. Eine solche „Anlagerichtlinie“, die nur vom Stadtparlament beschlossen werden darf, sollte aber sorgfältig beraten werden,  damit sie in sich schlüssig ist und die Verantwortlichkeiten klar benennt.

Daran hat es aber gerade gefehlt. Die schlampig vorbereitete Magistratsvorlage des Ersten Stadtrats und Kämmerers wurde durch formlose Wortmeldungen seiner Koalition im HFA gleich in acht Punkten verändert, im Stadtparlament zur Abstimmung gestellt und trotz der verbleibenden erheblichen Mängel mit den Stimmen von SPD und CDU durchgewunken. Fragwürdig bleibt beispielweise, weshalb Geldanlagen nun nicht mehr bei den gesicherten Genossenschaftsbanken erfolgen sollen und weshalb gute und sichere Angebote von Anlagenvermittlern nicht berücksichtigt werden dürfen. Auch sind die in der Anlagenrichtline festgelegten Obergrenzen von 5 Mio. Euro bzw. 10% des Vermögens je Bank nicht praktikabel, unabhängig davon, wie sich die wirtschaftliche Lage der Stadt entwickelt. Prakitsch bedeutet das, dass bei Kontoständen von 80 Mio. EUR, wie in den letzten Jahren wiederholt vorgekommen, Beziehungen zu 16 oder mehr Banken unterhalten werden müssen. Ein Antrag, diese und weitere Punkte nachzubessern, wurde von der Koalition abgelehnt.

Vor allem aber ist es ein Armutszeugnis, dass der als Finanzexperte angekündigte Erste Stadtrat und Kämmerer auch künftig keine Verantwortung für die Geldanlagen übernehmen wird. Das überlassen CDU und SPD den überwiegend ehrenamtlichen Magistratsmitgliedern, die ganz kurzfristig auf der Grundlage von Tischvorlagen die Entscheidung und Verantwortung für die Geldanlagen der Stadt treffen und übernehmen sollen.

Eine nachweislich für die Stadt wichtige Regelung wurde hier schlecht vorbereitet, sehr kurz und ängstlich öffentlich besprochen und auf schmaler Basis beschlossen. Für einen solchen Schnellschuss hätte es keinen Ersten Stadtrat gebraucht und es verheißt nichts Gutes für die kommenden Jahre.