Haushaltsrede im Stadtparlament 08.12.2017

10.12.16 – von Barbara Blaschek-Bernhardt –

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

die Haushaltsdebatte ist immer schon und in allen Parlamenten auch die Zeit für Bestandsaufnahmen, für Grundsatzreden, und im schlimmsten Fall auch einmal eine Generalabrechnung. Wir wollen die Sache nüchtern angehen und stellen zunächst fest: nach zehn Jahren schwarz–grüner Mehrheit im Parlament ist Schwalbach schuldenfrei, die Sportanlagen sind auf dem neuesten Stand, wir haben endlich wieder ein Schwimmbad und die Kinderbetreuungseinrichtungen suchen im Main-Taunus-Kreis ihresgleichen.

Die Gründe hierfür - da ist zum einen, dass die richtigen Prioritäten gesetzt wurden und da ist natürlich auch die gesunde Basis, was die Einnahmesituation betrifft. Schwalbach gehört hessenweit und im Main-Taunus-Kreis zusammen mit Eschborn zu den Gemeinden mit der höchsten Einnahmekraft je Einwohner– pro Einwohner steht hier deutlich mehr Geld zur Verfügung als anderswo. Und das gilt nahezu unverändert auch nach dem Kommunalen Finanzausgleich.

Die große Mehrheit der hessischen Städte und Gemeinden (und auch der Städte- und Gemeindebund) hatten sich ja einen solchen „horizontalen Ausgleich“ gewünscht.

Eschborn und Schwalbach können davon nicht begeistert sein und ihren Stadtverordneten geht es dabei nicht anders als den wohlhabenden Steuerzahlern, die von ihrem Wohlstand etwas abgeben sollen, damit auch arme Leute über die Runden kommen können. Wir müssen also von unserem recht großen Stück vom Kuchen etwas abgeben und daran wird sich im Großen und Ganzen nichts ändern, auch wenn (zu Recht) die Bemessungsgrundlagen noch einmal juristisch überprüft werden. Und ob Schwalbach bei einer SPD-geführten Landesregierung nun noch mehr oder etwas weniger abgeben müsste, ist noch nicht ausgemacht – immerhin kommt der Anstoß für die Einführung des Kommunalen Finanzausgleichs von der SPD-Gemeinde Alsfeld. Wir empfehlen da eine unaufgeregte Betrachtungsweise; wir sollten jedenfalls wegkommen von der Hysterie, die sich bei dem Thema im letzten Jahr schon breitgemacht hatte.

Aber wie dem auch sei - Ausgabendisziplin und die richtigen Prioritäten sind auch künftig in Schwalbach unumgänglich, wenn wir langfristig erfolgreich sein wollen. Und ich sage gleich dazu: An den Grünen liegt es ganz sicher nicht, wenn der Haushalt dieses Mal, wie in den vergangenen Jahren übrigens auch, zunächst einen Fehlbetrag ausweist. Nicht gleich auf den ersten Blick aber auf den zweiten Blick und beim Durchblättern fällt es doch auf, dass bei ganz vielen Ausgabepositionen gegenüber dem Vorjahr gleich eine Steigerung weit über der Inflationsrate, oft über 20 Prozent unterstellt wird.

In diesem Haushalt ist also jede Menge Luft und um es klar zu sagen, es kommt entscheidend darauf an, ob die sehr großzügig bemessenen, aufgeblähten Haushaltsansätze nun sämtlich ausgereizt werden. Dass es bei einzelnen Positionen dazu kommen kann, ist unbestritten, dass es aber nicht zur Regel werden darf, liegt nun in der Verantwortung der SPD/FDP-Koalition.

Der Haushalt ist ja zunächst vor allem eine Fortschreibung der erfolgreichen Politik aus den vergangenen Jahren und wir verstehen es jedenfalls auch als Kompliment, dass die neue Mehrheit nichts Wesentliches ändern wollte. Die nun schon etablierten Angebote bei der Kinderbetreuung zum Beispiel sind erfreulicherweise unbestritten und werden fortgeführt. Das gilt für die neuen Kitagruppen in der Altenpflegeeinrichtung EVIM am Europaring ebenso wie für die Erweiterung des DRK-Kindergartens um eine Gruppe. Aktuell ist der neue Kindergarten Am Park im kommenden Jahr die mit Abstand größte Investition, aber wer wollte bestreiten, dass es für unsere Gemeinde eine notwendige Investition in Zukunft ist?

Das gilt auch für die Betreuung von Flüchtlingen. Die ist ja unbestritten notwendig, wird überwiegend von Ehrenamtlichen geleistet und es gibt hier im Haus sicher niemanden, der für diese Arbeit nicht unendlich dankbar ist.

Aber diese Ehrenamtlichen brauchen Unterstützung aus dem Rathaus und deshalb haben wir im vergangenen Jahr zwei Stellen geschaffen, die zum Frühjahr auch beide besetzt werden konnten: Eine Angestellte war im Sozialamt mit der Unterstützung der Flüchtlinge betraut, ein weiterer Angestellter sollte im Bauamt für Unterkünfte, auch Wohnungen, sorgen und tat das auch erfolgreich. Warum das letztgenannte Anstellungsverhältnis durch die Stadt beendet wurde und die Ganztagsstelle jetzt durch nur eine halbe Stelle (im Sozialamt) ersetzt werden soll, wissen wir nicht (wir hatten ja bewusst zwei Stellen geschaffen), das Stadtparlament war in diese Entscheidung nicht einbezogen. Wir hoffen aber, dass die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer tatkräftig unterstützt werden, das haben sie und das hat Schwalbach verdient.

Markenzeichen der Schwalbacher Politik in den vergangenen Jahren war eine intensive Fürsorge besonders für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Das ist gut und richtig so, jeder von uns kommt einmal in die Lage, dass er sich nicht mehr so helfen kann, wie früher gewohnt, er freut sich dann darüber, dass man unterwegs auch einmal auf Klappsesseln Rast machen kann, er ist froh über behindertengerechte Zugänge, Behindertenparkplätze vor öffentlichen Gebäuden und zusätzliche Geländer, die manchen beschwerlichen Weg etwas sicherer machen. Vieles davon hat der Seniorenbeirat angeregt, das werden wir wohl auch in Zukunft hoffentlich beibehalten und wir warten alle gespannt darauf, ob der demnächst in Auftrag gegebene recht teure Altenplan hier eine zusätzliche Hilfe sein wird, oder ob man das Geld nicht besser wie bisher unmittelbar für konkrete Unterstützung im Bereich der Seniorenbetreuung aufgewandt hätte. Sie hören an dieser Stelle meine Skepsis – in einem Jahr an gleicher Stelle sind wir alle klüger.

Für den Erwerb des Heizwerkgrundstücks sind wie in den Vorjahren wieder 1,5 Mio. Euro eingestellt. Es geht schließlich darum, einen Geburtsfehler der Limesstadt endlich zu korrigieren, dafür zu sorgen, dass die Stadt Schwalbach Einfluss nehmen kann auf die Grundlagenverträge zur Heizungsversorgung, darum, dass die RWE nicht mehr machen kann, was sie will. Ein entscheidender Unterschied zu den Vorjahren: Nach der Zustimmung von Landesseite, Ministerin Hinz und der Nassauischen Heimstätte kann Schwalbach das Grundstück mit allen Rechten und Pflichten nun tatsächlich auch kaufen. Und das ist natürlich ein entscheidender Unterschied zu früheren Jahren, in denen die FDP-Minister Posch und Rentsch eine Übertragung an die Stadt Schwalbach davon abhängig gemacht hatten, dass erst einmal – ohne Ausschreibung – ein neues Erbbaurecht für die RWE bestellt werden sollte.

Wir haben in diesem Zusammenhang Verständnis für diejenigen, die sich fragen, ob man es denn riskieren könne, sich dem mächtigen Energiekonzern, der jetzt hinter dem neuen Namen Innogy SE versteckt, entgegenzustellen. Dazu sagen wir: Dazu sind wir sogar verpflichtet. Die Schwalbacher Fernwärmekunden haben allein in den letzten zehn Jahren viele Millionen Euro zuviel bezahlt; die Stadt muss sich in dieser Situation eindeutig auf ihre Seite stellen. Und das Risiko, um darauf noch einmal einzugehen ist sehr überschaubar. Schadenersatzansprüche an die Stadt wären – anders als beim Atomausstieg auf Bundesebene - kaum zu begründen, weil die RWE das Heizwerk ja weiterbetreibt und satte Gewinne macht. Das ist auch der Grund dafür, dass im Haushalt keine Rückstellungen für Schadenersatzforderungen ausgewiesen werden müssen, darüber sind wir uns nach den Beratungen ja alle einig.

Ausgesprochen ärgerlich ist aber, dass der kleinere Koalitionspartner, die FDP, mittlerweile unverhohlen und öffentlich wieder die alten Forderungen der Landes–FDP und damit auch der RWE propagiert. Es ist jetzt schon absehbar, dass die Position der Stadt damit geschwächt wird und wir sind gespannt, ob sich die SPD hier weiter vorführen lässt.

Manche doch eher kleine Initiative braucht etwas länger, als erwartet. Ich glaube, wir haben zwei- oder drei Haushaltsberatungen gebraucht, bis die von uns geforderten Fahrradständer am Alten und am Waldfriedhof endlich installiert wurden, das hätte schneller gehen können. Aber jetzt sind sie da, und Friedhofsbesucher können jetzt auch unbesorgt mit dem Fahrrad kommen.

Der Weg von den Sportplätzen in Richtung Krankenhaus wird so saniert, wie wir uns das vorgestellt haben und die Verlängerung des Sossenheimer Weges ins Arboretum wollen wir als wassergebundenen und damit umweltfreundlichen Weg sanieren, damit Fußgänger und Radfahrer keine Umwege machen müssen. Wir verlassen uns hier auf die Zusage der Bürgermeisterin im HFA, dass die Gelder vorhanden sind, dass nur noch mit dem Eigentümer verhandelt werden muss.

Worüber wurde denn nun gestritten bei den Beratungen? Was ist neu, worauf können wir nicht verzichten?

Zum Beispiel darauf, dass sich auch die Stadt Schwalbach als vergleichsweise wohlhabende Gemeinde dem widmet, was man unter „Wohnungsfürsorge“ zusammenfassen könnte. Immer mehr Wohnungen – insgesamt schon über 1.000 sind aus der Sozialbindung gefallen. Die Liste der Wohnungssuchenden, die nicht einfach die immer weiter steigenden Mieten bezahlen können, wird immer länger. Diese Entwicklung können wir nicht ignorieren und wir können sie auch nicht als unabänderliches Marktgesetz hinnehmen, wie es von der CDU im Ausschuss vertreten wurde!

Wir können aber auch nicht im schon beinahe vollständig zugebauten Schwalbach mal eben ein paar Hundert Wohnungen neu bauen, wie das besonders von der FDP immer wieder propagiert wird. Herr Higman hat ja dafür den Pfannenstiel schon fest im Blick, wie er im zuständigen Ausschuss immer wieder betont.

Für uns ist klar: Der schon arg geschrumpfte Grüngürtel muss ungeschmälert erhalten bleiben.

Aber wir müssen auch die soziale Balance im Auge behalten und deshalb ist es an der Zeit, dem fortschreitenden Verlust an preiswertem Wohnraum etwas entgegenzusetzen. Für Schwalbach sollten hier in erster Linie Belegungsrechte an Bestandwohnungen in Frage kommen. Da lässt sich bei gleichem finanziellen Einsatz von Haushaltsmitteln deutlich mehr bewegen, als wenn man hier nur die regelmäßig sehr viel teureren Neubauwohnungen in Betracht zieht. Wir freuen uns, dass sich die Mehrheitskoalition bei den Haushaltsberatungen unserer Initiative gegenüber nun aufgeschlossen gezeigt hat. Wir werden an dem Thema dranbleiben. Viele Schwalbacher warten darauf.

Belegungsrechte zur Sicherung von preiswertem Wohnraum sind das eine, der Erwerb von Grundeigentum sollte hinzukommen. Es macht jedenfalls keinen Sinn, wenn die städtischen Bankguthaben durch Negativzinsen an Wert verlieren und gleichzeitig die Grundstückspreise weiter steigen. Wir plädieren also wie in den Vorjahren dafür, dass die Stadt nicht nur passiv zuschaut, wenn hier mit Wohnraum und mit Grundstücken gehandelt wird, sondern bei passender Gelegenheit auch selbst aktiv wird. Dazu braucht es übrigens keine Wohnungsbaugesellschaft, wie sich ja in vielen Fällen in der Vergangenheit gezeigt hat und es gibt nicht den geringsten Grund (jedenfalls keinen ehrenwerten Grund) solche Vorgänge vor der Öffentlichkeit geheim zu halten.

Nochmal: Es ist ein gutes Signal, dass die Mehrheit der Stadtverordneten hier unseren Haushaltsanträgen zugestimmt hat.

Und das gilt auch für die Sanierung des Unteren Marktplatzes. Die ist ja so auf den Weg gebracht, wie sich das die meisten Schwalbacher von vornherein vorgestellt hatten: Der im Jahr 2013 zunächst vorgeschlagene ebenso teure wie sinnlose Generalumbau ist vom Tisch und jetzt geht es um behindertengerechte Zugänge, Treppensanierung, um ein zeitgemäßes Ambiente und darum, dass statt des trüben Brunnens Wasserspiele den Platz im Sommer attraktiver machen. Die Brunnenfiguren – mittlerweile ein Schwalbacher Wahrzeichen - sollten dabei erhalten bleiben, wie sich das viele Schwalbacher wünschen. Eine Sanierung mit Augenmaß und mit Respekt vor der Schwalbacher Stadtgeschichte – so soll es sein.

Damit ist die Frage nach dem „Sozialen Brennpunkt am Bunten Riesen“ aber noch nicht ausreichend beantwortet. Die Anwohner haben uns bei unseren Info-Ständen zur Gestaltung des Marktplatzbereichs bestürmt, dass die unhaltbaren Zustände vor dem Durchgang zur Berliner Straße beendet werden müssen. Viele Menschen fühlen sich durch die Szenerie an diesem Ort immer noch bedroht und meiden den Platz, so gut es geht. Die Stadt trägt Verantwortung für den öffentlichen Weg zur Berliner Straße. Hier muss dringend investiert werden. Der Kioskbetrieb als öffentlicher Alkoholausschank sollte an dieser Stelle nicht weiterbetrieben werden. Der Aufzug am Ende des Übergangs zur Stadtmitte ist zurzeit praktisch unbenutzbar und muss dringend saniert werden. Wir dürfen da nicht weiter wegschauen, wir sind aber auch realistisch genug, um zu sehen, dass die bisher eingestellten Mittel nicht ausreichen werden. Deshalb auf unsere Initiative die Erhöhung der Haushaltsmittel für den Unteren Marktplatz und die Sanierung des Aufzugs.

Respekt auch für die Zustimmung des Magistrats zu dem Einstieg in ein Klimaschutzkonzept. Da kommt es natürlich darauf an, sich nicht mit einem großartigen Konzept zufriedenzugeben, sondern möglichst viel davon auch konkret umzusetzen.

Eine Überarbeitung der Fernwärmeanschlussatzungen unter ökologischen Gesichtspunkten und unter Beachtung des Verbraucherschutzes ist dabei schon längst überfällig, hinzukommen sollte eine systematische Betrachtung der Energieeinsparungsmöglichkeiten bei öffentlichen Gebäuden und im privaten Bereich.

Wir haben bei der aus anderen Gründen im großen Stil durchgeführten Untersuchung der Fernwärmepreise durch die IG Fernwärme enorme Einsparungsmöglichkeiten durch nachträgliche Wärmedämmung festgestellt. Dieses den Schwalbachern beispielhaft nahezubringen, könnte durch die Förderung von Musterhäusern und die Dokumentation der Einsparerfolge besser gelingen, als mit der bloßen üblichen Werbung, wie wir sie alle kennen. Dazu noch der Einstieg in die Elektromobilität, Ladestationen an den städtischen Photovoltaikanlagen – ein Stück Zukunft, aber gar nicht weit entfernt.

Alle Einzelpositionen eines umfangreichen Haushalts anzusprechen, will ich gar nicht erst versuchen - ich komme zurück zu dem, was ich eingangs gesagt hatte: Der Haushalt gibt den Rahmen vor für eine Fortsetzung der erfolgreichen Stadtpolitik der vergangenen Jahre – das ist schon einmal gute Sache. Wichtige Anliegen der Grünen sind berücksichtigt, deshalb werden wir dem Haushalt zustimmen.

Aber wenn die Bürgermeisterin sagt, wir bauen jetzt erst einmal Mauern am Bach und wenn sie uns nicht gefallen, reißen wir sie nächstes Jahr wieder ab, und wenn man im Parkdeck nicht nur die Spinnweben entfernen, sondern alles gleich für 100.000,- Euro neu streichen lassen will, dann ist das schon exemplarisch ein Hinweis darauf, dass mancher Steuer–Euro recht leichthändig ausgegeben werden soll. Auf Dauer kann das auch in einer so wohlhabenden Stadt nicht gutgehen.

Es liegt in diesem Jahr erstmals in der besonderen Verantwortung von SPD und FDP – darauf zu achten, dass die in der großen Mehrzahl sehr großzügigen Haushaltsansätze nicht ausgereizt, sondern klar unterschritten werden. Die Grünen werden sich – soweit sie in der parlamentarischen Arbeit einbezogen sind, dieser Aufgabe nicht verschließen, sondern sie vorantreiben. Und dabei müssen wir auch über den Tellerrand hinausschauen.

Was können wir gemeinsam mit den Nachbargemeinden besser und billiger machen, - das zum Beispiel ist eine Frage, die uns immer wieder beschäftigen muss.

Unsere Ausgangsposition ist jedenfalls gut – und die Herausforderung heißt, dass wir in einem Jahr sagen können, dass sie noch besser geworden ist.