Rede in der Stadtverordnetenversammlung am 09.02.2017 zum Antrag auf Schutz des Grüngürtels vor weiterer Bebauung

17.02.17 –

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin, sehr geehrte Damen u. Herren,

ich möchte hier klar und deutlich unsere Enttäuschung und meine Betroffenheit zum Ausdruck bringen, dass nach den Beschlüssen in den Ausschüssen

- der Antrag auf absoluten Schutz unseres Grüngürtels vor weiterer Bebauung

- und damit der Schutz unseres Naherholungsgebiets abgelehnt werden soll.

Meine Damen und Herren,

wenn es einen mehrheitlichen Konsens unserer Mitbürger zur Kommunalwahl gab, dann doch diesen, dass der Schwalbacher Grüngürtel vor weiterer Bebauung geschützt und bewahrt werden sollte.

Neben unserer Fraktion haben sich die CDU und ein stückweit auch die SPD in Ihren Wahlaussagen und Zusagen diesbezüglich eindeutig geäußert .

( SPD-Wahlflyer: Grüngürtel aufwerten !)

Nur die Kollegen der FDP, obwohl die Fraktion mit dem geringsten Stimmenanteil, glauben, diesen m.E. mehrheitlichen Wunsch nicht Rechnung tragen zu müssen.

Sie folgen blind der allgemeinen Hysterie, zwanghaft unbedingt neue Baugebiete zu realisieren, egal welche Konsequenzen dies für unsere Stadt und unsere Naherholung hat.

Ich würde Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Sie vielleicht, wenn auch nur aus Fraktionszwang, für den weiteren Eingriff in den Grüngürtel stimmen wollen, sehr gerne fragen:

- welchen Wert hat für Sie persönlich der Schutz von Landschaft, von Grünzonen und von Natur in unserer unmittelbaren Umgebung?

- denken Sie nicht auch, dass gerade wir Stadtverordnete vordringlich für den Erhalt von Natur und Landschaft verantwortlich sind, und dies nicht fortwährend anderen Interessen unterordnen dürfen?

- sehen wir wirklich nicht, dass Verbrauch von Landschaft scheibchenweise vonstatten geht, und er nur deshalb von uns als weniger auffällig und bedeutsam wahrgenommen wird?

- Wollen wir wirklich das "Grün zwischen den Städten" zunehmend auflösen und Frankfurt dadurch zur Megastadt wachsen lassen, oder wollen wir den unschätzbaren Wert dieser Region, mit ausreichend Grün zwischen den Städten, die das Leben hier auch sozial und gesundheitlich bereichern, nicht doch erhalten?.

- Welche Auswirkung haben neue Baugebiete auf den Verkehr, die Infrastruktur, unsere sozialen Einrichtungen und unsere Gesundheit?

Schwalbach ist bereits eine der dichtbebautesten Städte Deutschlands. Pro Tag werden in Deutschland 69 Hektar Fläche versiegelt, das entspricht etwa der Größe von 100 Fußballfeldern. Und das täglich !

Das kann so nicht weiter gehen. Das muss unweigerlich zu Problemen für uns alle führen. Wir müssen unseren Kindern und Enkeln erklären können, wie wir dies, obwohl wir es besser wissen, zulassen konnten.

Wir müssen auch darüber nachdenken, warum die politischen Verantwortungsträger - also nicht zuletzt wir selbst- den schrittweise, ungebremsten Verbrauch von Landschaft oft erst dann als großen, nicht wieder zu korrigierenden Fehler wahrnehmen, wenn dadurch verursachte Umwelt- Katastrophen stattgefunden haben.

Ich wollte Sie deshalb eindringlich bitten, dass wir nicht ständig darüber nachdenken, wo vielleicht im Grüngürtel in Schwalbach noch irgendeine Möglichkeit der Bebauung sich auftuen könnte.

Ich wollte Ihnen stattdessen vorschlagen, dass wir, in einer nachweislich bereits so dicht besiedelten Stadt, gemeinsam Courage zeigen und unmissverständlich klar machen,

- dass dieser Wahnsinn einer fortwährenden Versieglung und Bebauung von Landschaft gestoppt werden muss.

- dass man die schon knappe Natur nicht weiter ungestraft verbrauchen darf,

- dass das Wachstum und der Flächenverbrauch eindeutig eine Grenze hat und diese Grenze auf jeden Fall in Schwalbach längst erreicht ist.

Sehr geehrter Herr Hudel,

ich hatte große Hoffnung, als Sie in Ihrer Haushaltsrede von "viel Phantasie" gesprochen haben, "die gebraucht wird", sich mit dem Wohnraumproblem zu beschäftigen. Im Grunde hat sich leider die Phantasie bisher darin erschöpft, kein klares Bekenntnis zum Schutz des Grüngürtels abzugeben, und damit die Bebauung offen zu halten.

Sehr geehrter Herr Higman,

Ihnen und Ihrer Fraktion, die wohl am drängendsten, und wie sie immer betonen, auch aus Verantwortungsbewusstsein, eine weitere Bebauung im Grüngürtel unbedingt realisieren wollen, kann ich hier leider nicht ausführlich begegnen.

Deshalb nur kurz vier Anmerkungen:

1- Der Schutz und der Erhalt unseres Grüngürtels in Schwalbach ist m.E. verantwortungsvoller und lebensnotwendiger, als eine immer fortwährende Bebauung. Besonders für die Menschen, die hier leben und auf diese Grünzonen angewiesen sind.

2- Wenn Sie Verantwortung für Wohnungsbau und Wohnraumbeschaffung übernehmen wollen, dann ergreifen Sie bitte auf Kreisebene die Initiative, mit allen Städten und Gemeinden eine gemeinsame, tragfähige, und auch zukunftsträchtige große Lösung zu suchen. Nicht verantwortlich, sondern geradezu unverantwortlich ist m.E. die augenblickliche Situation, dass im gesamten Kreis und im Umland, ohne gemeinsamen Plan und ohne klare Vorstellungen, jede einzelne Stadt oder Gemeinde verzweifelt noch einen Stück Grün sucht, was dann aus Verzweiflung irgendwie bebaut werden soll. Sind Sie ehrlich meine Damen und Herren, so kann doch in einer so beanspruchten Region wie dem Rhein-Main-Gebiet wirklich keine verantwortungsvolle städtebauliche Entwicklung stattfinden, wo Wohnungsbau und Naturschutz gleichwertig gewichtet werden.

3- Verehrte Kollegen der FDP-Fraktion, Sie brauchen wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben, in Schwalbach nicht im Grüngürtel zu bauen und sich stattdessen für den Schutz des Grüngürtels stark zu machen. Denn selbst Ihr Parteifreund auf Kreisebene Herr Baron hat ausdrücklich betont, dass Schwalbach seine Kapazitätsgrenze erreicht hat. Ich denke, sie wollen ihn nicht eins besseren belehren.

4- Ein letztes Herr Higman, und Ihnen allen, die glauben Hand an den Grüngürtel legen zu müssen: ich garantiere Ihnen, dass selbst wenn Sie 500 oder auch 1000 neue Wohnungen bauen, selbst wenn Sie das letzte Stück Grün in Schwalbach versiegelt haben, dann haben Sie das (bezahlbare) Wohnraumproblem, für dass sie sich verantwortlich fühlen, nicht ein stückweit gelöst. Sie haben nur neue Probleme geschaffen. Das ist eine unendliche Spirale, es wird immer weiterer Bedarf entstehen, und es wird immer weiterer Landschaftsverbrauch erneut zur Debatte stehen.

Es bedarf also dringlich ganz anderer, auch klügerer Lösungen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

viele von Ihnen, wie ich auch, sind nicht nur wegen ihrer Parteizugehörigkeit, sondern auch persönlich und direkt mit Vertrauen der Wähler hier in die Versammlung gewählt worden.

Bei der Frage des Eingriffs in den Grüngürtel geht es nicht um Meinungen oder Ermessensfragen, sondern es geht hier um zukunftsträchtige Entscheidungen, die unser Zusammenleben, unser soziales Gefüge und unsere Gesundheit in dieser Stadt auf Jahrzehnte prägen werden.

Sie sind persönlich gewählt, sie stehen ganz persönlich hierfür in Verantwortung. Sie werden sich persönlich fragen lassen müssen, wie sie hier eine weitere Bebauung trotz besseren Wissens zulassen konnten. Auch wenn ich nicht viel Hoffnung auf Ihre Zivilcourage habe, aber sind wir doch gemeinsam mutig und haben die Courage gegen den Trend zu sagen: das Ende des Wachstums ist hier in Schwalbach endgültig erreicht.

Bitte stimmen Sie für unseren Antrag zum Schutz des Schwalbacher Grüngürtels

Vielen Dank

Stephan Schmidt