Haushaltsrede 2016

13.01.16 –

Haushaltsrede 2016

Frau Stadtverordnetenvorsteherin, meine Damen und Herren,
am Ende einer Legislaturperiode nach einem vollen Jahrzehnt in Verantwortung für die Entwicklung unserer Stadt ist es Zeit, zurückzublicken, einmal darauf zu schauen, wo wir damals standen, wo wir heute stehen und wie wir mit neuen Herausforderungen fertig werden. Die Haushaltsrede ist ein guter Moment dafür.

Wir erinnern uns: Am Ende einer siebzehnjährigen Regierungszeit durch SPD, UL und FDP waren die Schwalbacher hoch verschuldet, die Sporteinrichtungen großenteils in desolatem Zustand und bei der Kleinkinderbetreuung war Schwal­bach das Schlusslicht im Main-Taunus-Kreis. Das war 2005.

Heute, 2015, sind wir schuldenfrei, Stadion, Fußballplätze und Tennisanlagen sind auf dem neuesten Stand, ein Schwimmbad als wichtigste städtische Freizeiteinrichtung ist neu hinzugekommen und die Kinderbetreuungseinrichtungen suchen im Main-Taunus-Kreis ihresgleichen.


Nun liegt das auch an den Gewerbesteuernachzahlungen, die in diesen Zeitraum fallen, vor allem aber haben wir in der Koalition aus CDU und Grünen in den vergangenen 10 Jahren endlich Prioritäten gesetzt und, das Überflüssige klar vom Notwendigen getrennt.
Daran wird sich auch angesichts der neuen Herausforderungen nichts ändern.

Diese neuen Herausforderungen – (sie sind nun eben schon angesprochen worden) da ist zunächst einmal der Kommunale Finanzausgleich, eine Art kommunaler Ausgleichssteuer, der wir wohl nicht werden ausweichen können, auch wenn wir uns an dieser Stelle – wie nicht selten im Zusammenhang mit Steuern und mit dem Finanzamt - eine andere Regelung wünschen.

Diese neue Ausgleichssteuer kostet uns im Rechnungsjahr 2016 rd. 4 Millionen Euro, sie soll das in den letzten Jahren immer größere Gefälle zwischen wohlhabenderen Kommunen und den ärmeren Gemeinden ausgleichen. Dies deshalb, damit auch im armen Nordhessen oder im nicht so wohlhabenden Hattersheim und Liederbach neben anderem auch Kinderbetreuung bei erträglichen Gebühren angeboten werden kann.

Wie bei jedem Ausgleich gibt es Gewinner und Verlierer, in diesem Fall viele Gewinner und wenige Verlierer.
Gar nicht so überraschend ist es deshalb, dass die große Mehrheit der hessischen Städte und Gemeinden (und auch der Städte- und Gemeindebund) sich exakt einen solchen „horizontalen Ausgleich“ gewünscht haben. Die „abundanten“ Gemeinden (frei übersetzt: denen, die im Überfluss leben), nämlich Eschborn und Schwalbach können davon nicht begeistert sein und ihren Stadtverordneten geht es dabei nicht anders als den wohlhabenden Steuerzahlern, die von ihrem Wohlstand etwas abgeben sollen, damit auch arme Leute über die Runden kommen können. Angestoßen hat den Finanzausgleich übrigens nicht die Hessische Landesregierung, sondern die SPD-regierte nordhessische Stadt Alsfeld, die gegen die frühere, für uns günstigere Ausgleichsregelung, erfolgreich geklagt und die Neuregelung damit erzwungen hat.

Um die Relationen klarzustellen: Auch nach dem Finanzausgleich bleiben die Schwalbacher – zusammen mit den Eschbornern - diejenigen mit der höchsten Steuereinnahmekraft je Einwohner im Main-Taunus-Kreis und der Main-Taunus-Kreis wiederum gehört zur Spitzengruppe der reichsten Kreise in der Bundesrepublik.

Kurz gesagt: Beklagen über die neue Kommunalsteuer dürfen wir uns schon, aber die hysterischen Töne sollten wir uns sparen. Und ob wir nach einer Klage gegen den Finanzausgleich am Ende weniger oder noch mehr bezahlen müssen, wissen wir erst hinterher.
Der Vorschlag der SPD, das Land solle einfach alles bezahlen, ist jedenfalls so billig wie unseriös. Vor allem deshalb, weil die Sozialdemokraten auf Landesebene gleich jede Menge weitere Vorschläge für zusätzliche Ausgaben, aber keine Einsparungsvorschläge machen und weil eben auch auf Landesebene der Euro nun mal nur Hundert Cent hat.

Die zweite große Herausforderung in diesem Jahr, da sind wir uns alle einig, das sind die neuen Aufgaben, die mit der Unterbringung von Flüchtlingen in unserer Stadt auf uns zukommen. Wer die dramatischen Bilder von verzweifelten Menschen an Europas Grenzen vor Augen hat, der weiß auch: Es geht uns gut in Europa, in Deutschland, in Schwalbach und wir müssen unseren Teil dazu beitragen, dass das menschliche Leid gelindert, dass den Menschen geholfen wird. Was ist dabei am wichtigsten, was kann am ehesten helfen? Kampfbombereinsätze in Syrien sind eher ein Zeichen von Hilflosigkeit, verursachen noch mehr menschliches Leid und versprechen wenig Erfolg – wir erinnern uns an Afghanistan. Wichtig ist mehr direkte Unterstützung für die Flüchtlingslager in der Region und rückblickend war es ein unfassbarer Fehler, dass noch in diesem Jahr solche internationalen Hilfsgelder drastisch gekürzt worden sind. Das war ja ein Auslöser für die Völkerwanderung, Letztlich haben wir alle – wie auch die Verantwortlichen in Land und Bund – hier einen schmerzlichen Lernprozess hinter uns, wissen heute natürlich besser, was vor ein paar Monaten kaum jemand für möglich gehalten hat.
Wir sind froh, dass die Meinungsunterschiede, was die praktische Politik in Schwalbach anbetrifft, gar nicht so groß sind. Wir müssen uns ja alle an das halten, was umsetzbar ist und auch noch mit den Vorgaben des Kreises auseinandersetzen, wir halten aber daran fest, dass eine möglichst dezentrale Unterbringung der Flüchtlinge die beste Voraussetzung für eine rasche Integration bietet und alle die damit zu haben, die Fachleute vom diakonischen Dienst, vom katholischen Bezirksbüro oder vom evangelischen Dekanat bestätigen immer wieder, dass die Unterbringung in Häusern und Wohnungen die bei weitem beste Lösung ist und manche Probleme, die bei großen Gemeinschaftsunterkünften oft unvermeidlich sind, bei dezentraler Unterbringung in normalen Häusern gar nicht erst auftreten. Das können wir im Augenblick leider nur im geringen Umfang umsetzen, müssen wir aber im Blick behalten.

Die Betreuung der Schwalbacher Neubürger ist zunächst Aufgabe des Kreises, der sich hier tatsächlich in beträchtlichem Umfang mit 140 neuen Stellen engagieren will. Wir sollten den Kreis nicht aus dieser Verantwortung entlassen, aber es ist richtig, hier mehr zu tun.
Wir haben uns deshalb in der Koalition dafür ausgesprochen, zwei neue Stellen für die Betreuung von Flüchtlingen zu schaffen und hoffen, damit auch die Mitarbeiterinnen im Rathaus zu entlasten, die neben ihren eigentlichen Aufgaben in den letzten Monaten immer mehr mit dem Thema der Unterbringung und Betreuung der Asylsuchenden beschäftigt waren.
Wir hoffen natürlich, dass diese Stellen zeitnah mit qualifizierten Bewerbern besetzt werden können, wir werden die Situation aufmerksam beobachten sind offen dafür, im Laufe des Jahres noch eine weitere Stelle in diesem Bereich zu schaffen.

Denn mit der Unterbringung, der ersten Versorgung ist es ja nicht getan. Wenn aus Flüchtlingen Schwalbacher werden sollen, brauchen die meisten wohl für eine geraume Zeit Hilfestellung, und schließlich werden auch Wohnungen gebraucht. Dafür zu sorgen, ist in dem schon dicht besiedelten Schwalbach keine leichte Aufgabe. Der Schwalbacher Grüngürtel sollte nicht in Frage kommen und Bebauungspläne im Stadtgebiet müssen mit den Anwohnern abgestimmt und sorgfältig beraten werden. Hier erwarten wir Verständnis auch von Seiten des Kreises und nicht die bloße Aufforderung, neue Baugebiete auszuweisen.

Die von allen gewünschte Integration unserer Neubürger ist im besten Falle ein fortlaufender Prozess, der nicht mit dem Titel „anerkannter Asylbewerber“ endet. Ohne die Ehrenamtlichen, die sich hier in hervorragender Weise engagieren, wären die schon sichtbaren Erfolge gar nicht denkbar und ein jeder muss sich fragen, was er oder sie noch bereit oder fähig ist, mitzutun. Ich freue mich jedenfalls darüber, dass in Sachwalbach tatsächlich eine Willkommenskultur herrscht und nicht Zustände wie an anderen Orten in Deutschland.

Aber es gibt auch gelegentlich Rückschläge und Irritationen und dann müssen wir offen darüber reden.
Der Integration wenig förderlich war etwa ein Antrag des Ausländerbeirates (des alten), der im Frühjahr vorschlug, die Stadt und die Kulturkreis GmbH mögen doch bitte während des Ramadan keine Veranstaltungen für Schwalbacher Bürger anbieten.
Das hat dann für bundesweite Aufmerksamkeit gesorgt. Unsere Stadt soll Menschen aller Kulturen und Konfessionen ein Zuhause bieten und der städtische Veranstaltungskalender darf selbstverständlich nicht einseitig auf eine besonders strenge Auffassung des islamischen Glaubens ausgerichtet sein. Wir hoffen,
dass sich der neue Ausländerbeirat auf seine eigentlichen Aufgaben konzentriert.


Sozialer Brennpunkt Marktplatz
Die Sanierung des unteren Marktplatzes – lange Zeit sehr umstritten – ist endlich so auf den Weg gebracht, wie sich das die meisten Schwalbacher von vornherein vorgestellt hatten: Der im Jahr 2013 zunächst vorgeschlagene ebenso teure wie sinnlose Generalumbau ist vom Tisch und jetzt geht es um behindertengerechte Zugänge, Treppensanierung, um ein zeitgemäßes Ambiente und darum, dass statt des trüben Brunnens Wasserspiele den Platz im Sommer attraktiver machen. Die Brunnenfiguren – mittlerweile ein Schwalbacher Wahrzeichen –sollten dabei erhalten bleiben, wie sich das viele Schwalbacher wünschen. Eine Sanierung mit Augenmaß und mit Respekt vor der Schwalbacher Stadtgeschichte – so soll es sein.
Damit ist die Frage nach dem „Sozialen Brennpunkt am Bunten Riesen“ aber noch nicht ausreichend beantwortet. Die Anwohner haben uns bei unseren Info-Ständen zur Gestaltung des Marktplatzbereichs bestürmt, dass die unhaltbaren Zustände vor dem Durchgang zur Berliner Straße beendet werden müssen. Viele Menschen fühlen sich durch die Szenerie an diesem Ort bedroht und meiden den Platz, so gut es geht. Hier muss dringend etwas getan werden; wir haben zusätzliche Mittel eingestellt, um hier die Lebensqualität für Anwohner und Passanten wiederherzustellen. Es kann sein, dass bei der Erarbeitung des Konzeptes eine wissenschaftliche Begleitung hilfreich ist. Wir dürfen an dieser Stelle nicht weiter wegschauen.


Kinderbetreuung ist bei uns ein wichtiges Thema. Erfreulicherweise gibt es in Schwalbach viele junge Familien und viele Kinder.
Den Neubau mit Erweiterung der Kita Am Park hatten wir schon im vergangenen Jahr beschlossen, die Arbeitsgruppe des Parlaments war das ganze Jahr über aktiv und wir sind zuversichtlich, dass alles planmäßig umgesetzt werden kann.

Und das gilt auch für die neuen Projekte, die seit kurzem erst auf der Tagesordnung stehen:
Zum ersten die Schaffung von zwei Kitagruppen in der Altenpflegeeinrichtung EVIM am Europaring, zum zweiten die Erweiterung des neuen DRK-Kinder­gartens um eine Waldgruppe und zum dritten die Erweiterung der Schulkinderbetreuung in der Ringstraße. Die Bürgermeisterin hat angekündigt, zu allen Vorhaben noch Magistratsvorlagen einzubringen wir werden darüber zu Beginn des neuen Jahres beraten. Die Schwalbacher Eltern können sich darauf verlassen, dass die Kinderbetreuung in Schwalbach ihren hohen Stellenwert behält.

Weil wir natürlich an einer weiteren Verbesserung interessiert sind, haben wir das Geld für die drei Vorhaben bereitgestellt, in Zukunft bitten wir jedoch um eine zeitnahe Information über solche Vorhaben.

Wichtige Vorhaben sind auf den Weg gebracht, aber noch nicht umgesetzt.
Dazu gehört die Photovoltaikanlage auf dem Dach des Funktionsgebäudes unseres Naturbades.
Unser Naturbad ist übrigens ein großer Erfolg geworden, wir hatten ja im vergangenen Sommer viele heiße Tage und auch entsprechend viele Besucher.
Das freut uns als diejenigen, die das Projekt mit unserem Koalitionspartner gegen den erbitterten Widerstand der SPD durchgesetzt haben, das freut aber vor allem die Kinder und Jugendlichen, die Familien und die sportlichen Schwimmer, die sich diese Oase im Sommer teilen.

Es wird jetzt daran gearbeitet, die Beschilderung der Radroute durch Schwalbach zu verbessern. Wir haben bereits im vergangenen Jahr Mittel in den Haushalt eingestellt, um Fahrradständer an den beiden Friedhöfen unserer Stadt aufzustellen und hoffen, dass das im nächsten Jahr endlich umgesetzt wird.
Diese Aufgabe ist keine schwierige, sie ist nicht teuer, aber sie wäre für Rad fahrende Friedhofsbesucher eine große Erleichterung.

Worauf wir noch warten, ist die Fertigstellung der Schulstraße. Natürlich muss diese für Radfahrer auch im Gegenverkehr geöffnet werden, denn bei einer Neugestaltung einer Straße muss das selbstverständlich sein, und so haben es die Stadtverordneten ja auch beschlossen. Die Radler haben ein Recht darauf, mindestens so ernst genommen zu werden wie die Autofahrer, im Gegensatz zu diesen gehen von Ihnen keine Emissionen aus.

Viele Schwalbacher nutzen zum Radfahren oder auch zum Joggen die Verlängerung des Sossenheimer Weges ins Arboretum. Leider ist dieser Trampelpfad sehr eng und nach Regen auch noch matschig.
Das wird sich aber ändern, denn auf unseren Antrag hin haben wir beschlossen, diesen Weg zu sanieren. Immerhin führt er nicht nur ins Arboretum, er liegt auch auf der Radstrecke nach Esch­born Süd und weiter.

Das Energiekonzept, das ebenfalls schon im letzten Haushalt eingestellt wurde, lässt auch noch auf sich warten. Eschborn ist da schon weiter, vielleicht kann man sich an deren Klimakonzept orientieren damit wir in der Sache vorankommen.

Wir haben uns dafür eingesetzt, dass der Tennisverein Schwalbach bei zwei Projekten (Neubelag Hallenboden und Sanierung einiger Außenplätze) von der Stadt unterstützt wird.
Immerhin ist der Tennisverein, ebenso wie die Turngemeinde (mit Abstand der größte Verein in Schwalbach) Eigentümer seiner Anlagen und damit für die Stadt relativ kostengünstig.

Das Ansinnen der FDP, von den Parkplätzen der Fußballer eine Straße Richtung Eichwald zu bauen, auf der gleich „zwei Pkws (SUV-Größe) aneinander vorbeifahren können“, haben wir abgelehnt. Da muss man sorgfältig überlegen, was das Beste ist, vor allem für die schwächeren Verkehrsteilnehmer.

Noch vor Abschluss der Bauarbeiten an dem Parkplatz sollte man nicht den Weg dorthin sanieren, aber man muss sorgfältig überlegen, wie wir den Weg so gestalten können, dass vor allem die Fußgänger, Jogger und Radfahrer sicher vom Limes zum Eichwald kommen.


Alle Einzelpositionen eines umfangreichen Haushalts anzusprechen wäre gar nicht möglich – ich will es bei dem allgemeinen Hinweis belassen, dass der Haushalt den Rahmen vorgibt, der nun im nächsten Jahr mit Leben gefüllt werden muss. Nicht alles, was hier schon in Euro und Cent ausgewiesen ist, muss auch tatsächlich ausgegeben werden. Die Ausgangsposition ist gut, wir müssen weiter die richtigen Prioritäten im Auge haben und ich bin zuversichtlich, dass und dies zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt gelingen wird.

Barbara Blaschek-Bernhardt